Die Geschichte des Hofes Schröder Nr. 9 zu Lieme ist sehr wechselvoll. Er lag an der Bielefelder Straße und umfasste die heutigen Hausgrundstücke Bielefelder Str. 169 und 171. Aufgrund seiner La-ge an der alten Heerstraße und des fehlenden Zugangs zur Bega wurde er auch als „Straßenhof“ be-zeichnet.

Von den Gebäuden des ehemaligen Hofes Schröder stehen nur noch die ehemalige Leibzucht von 1792 (Wohnhaus Nr. 169) und Teile des inzwischen zu einem Mehrfamilienhaus umgebauten Meier-hauses (Wohnhaus Nr. 171).

Das nach einem Brandschaden 1791 neu errichtete Fachwerkhaus trägt als einzigstes in Lieme eine lateinische Inschrift über dem Türbogen:

QUIDQUID AGIS PRUDENTER AGAS ET RESPICE FINEM.


QUID TIBI NON FIS FIERI ALTERI NON FECERIS !


(Was immer Du tust, tue es klug und bedenke das Ende.


Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu).

Erstmals schriftlich erwähnt wird der spätere Hof Schröder 1507. Seinerzeit zahlte des Besitzer Henke Niggewech 1 Ort (¼ Gfl) Landschatz für den Hof. Die Namensähnlichkeit mit dem Hof Nieweg (Arel-mann) und die unmittelbare Nachbarschaft beider Höfe lassen vermuten, dass der Hof Nr. 9 als Köt-terhof des Westerhofs zu Lieme entstanden ist.

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts verzeichnen die Landschatzregister die folgenden Hofbesit-zer:

Henke Niggewech (1507; 1510; 1516)


Henke Branding (1523; 1525; 1532)


Henke Strunk (1535; 1538)

Ob es sich hier um verschiedene Personen oder um verschiedene Namen für eine oder zwei Perso-nen handelt, konnte bislang nicht geklärt werden.

Im Landschatzregister von 1555 wird als Besitzer des Hofes Nr. 9 „de Beer“ genannt. Leider ist nicht festzustellen, ob hier zwischen 1538 und 1555 ein Besitzerwechsel stattgefunden hat oder ob es sich um eine Berufsbezeichnung des damaligen Besitzers (de Beer = Schweinehirt; vom niederdeutschen Wort Beer = Eber abgeleitet).

Die Nachfahren des Beer (später Behr) blieben bis zum Dreißigjährigen Krieg auf dem Hof Nr. 9, wel-cher damals noch recht klein war.

Nach dem Salbuch von 1643 gehörten:


2ein Häuslein auf dem „Straßenhof“,


3 Schfl Eigenland und


3 Schfl Pachtland

dazu. Besitzerin war zu der Zeit die Witwe Johann Behrs.

Bald danach muss die Familie Behr ausgestorben sein oder den Hof verlassen haben, denn schon um 1655 bewirtschaftete Johann Grimmert oder Schröder den Hof. Ob es sich bei Johann um einen An-gehörigen der Familie Schröder oder um einen Schneider (Schröder = Schneider) namens Grimmert gehandelt hat, ist unbekannt.

Johann Grimmert oder Schröder gelang es jedenfalls, den Grundbesitz des Hofes erheblich zu ver-größern. 1688 bewirtschaftete er schon

12 Schfl Ackerland von der Liemer Kapelle


4 Schfl Ackerland von St. Johann Lemgo im Osterfeld


und 5 Schfl Ackerland von St. Jürgen Lemgo.

1859 verkauft Kolon Schröder einen Teil seines Berggartens an der Bielefelder Straße an den Seiden-fabrikanten Adolph Köttgen aus Lemgo, der darauf eine Filiale seiner Seidenzwirnerei errichtet (Lieme Nr. 92, heute Bielefelder Str. 172). Bis 1862 beschäftigte Köttgen dort 20 Frauen und Mädchen.


1864 verkaufte Köttgen das „Seidenhaus“ dann an Simon Deppe.

Die Geschichte des Hofes Schröder Nr. 9 endet in den Jahren 1868/ 69 als sich die Familie Schröder entschließt, nach Amerika auszuwandern. Im Frühjahr 1869 beantragt Schröder die Zerschlagung seines Hofes und verkauft

– das Hauptgebäude mit einem Teil des Hofraumes und des Gartens sowie einem Kotten an den Kolon Simon Dröge Nr. 30 zu Lieme.


– Ackerland in Größe von ca. 25 Schfl an Meier- Jobst, Leese Nr. 1


– und 16 Schfl Grund und Boden an elf Liemer Kolone oder Einlieger.

Auf dem Restgrundstück des Hofes mit der Leibzucht und dem Baumhof bildet Schröder die Neuwoh-nerstätte Nr. 107. Der Käufer der Neuwohnerstätte, Friedrich Reese, blieb nur bis 1875 auf der Stätte. Dann verkaufte er sie an den Ziegler Ernst Krusekopf, dessen Nachfahren noch heute auf dem Besitz wohnen.

(Quelle: F. Starke – „Lieme – Eine Dorfgeschichte in Einzeldarstellungen“)