Der Bau des großen Saales des Liemer Kruges 1894 war für das Liemer Vereinswesen von großer Bedeutung, denn dadurch wurden die räumlichen Voraussetzungen für ein geordnetes Vereinsleben mit regelmäßigen Zusammenkünften und größeren Festen geschaffen.

Es verwundert daher nicht, dass nach Fertigstellung des Saalbaues der Wunsch laut wurde, in Lieme einen Gesangverein zu gründen.

Der seinerzeit größte Verein des Dorfes, der Kriegerverein, ergriff die Initiative und gründete nach dem Vorbild des Kriegergesangvereins Lemgo im Dezember 1894 eine Männergesangsabteilung.

Über die Gründung dieses „Vereins“ berichtete die Lippische Post am 21.12.1894:

„Seit kurzem hat ein Teil des hiesigen Kriegervereins, vorläufig zirka 20 Mann, einen Gesangverein gebildet, und es findet zu diesem Zweck wöchentlich einmal Übung in der Schule statt. Der Verein macht unter der Leitung seines Dirigenten, Herrn Küster Koch, die besten Fortschritte und wird für die übrigen Mitglieder des Kriegervereins sehr bald das Angenehme haben, diesen die monatlichen allgemeinen Sitzungen für die Folge durch Gesangvorträge zu verschönern, dadurch wird jedenfalls der Besuch derselben ein regerer werden. Auch die Stiftungsfeste werden, wenn Musik und patriotische Gesangsvorträge wechseln, verschönert, auch eine größere Beteiligung an denselben wird stattfinden.“

An der zunehmenden Politisierung des öffentlichen Lebens zerbrach der Kriegergesangverein zwölf Jahre später. Durch seine enge organisatorische Bindung an den Kriegerverein Lieme, der wie alle lippischen Kriegervereine national- konservativ eingestellt war, geriet er in die damals sehr heftigen politischen Auseinandersetzungen zwischen Konservativen, Nationalliberalen, Freisinnigen und Sozialdemokraten. Die Reichstags- und Landtagswahlkämpfe der Jahre 1907 bis 1908 wurden mit heute kaum vorstellbarer Heftigkeit geführt und da sich die Mehrheit der Liemer Wahlbürger vor allem der freisinnigen Volkspartei verbunden fühlten, führte die Enge Bindung des Kriegergesangvereins letztlich dazu, dass nach und nach immer mehr Sänger den Übungsabenden fernblieben.

Der Kriegergesangverein soll am 01.06.1906 zum letzten Mal öffentlich aufgetreten sein. Schon 1907 war er anscheinend nicht mehr in der Lage, das Stiftungsfest des Kriegervereins mitzugestalten. Einige Monate später wurde der Übungsbetrieb dann gänzlich eingestellt.

(Quelle: F. Starke – „Lieme – Eine Dorfgeschichte in Einzeldarstellungen“)